• Nachgemessen, Front- oder Back-Fokus zum Zweiten

    Nachgemessen Beitragsbild

Nach dem die Resultate im vorausgehenden Bericht so unbefriedigend, ja geradezu frustrierend waren, habe ich mich doch dazu überwunden, noch einmal nachzumessen. Dieses mal aber gezielt, nur noch eine Kamera / Objektiv Kombination und nur noch mit einer einzigen Mess-Methode. So habe ich noch einmal die Nikon D850 mit dem 85mm f1,4 Objektiv vermessen. Diese Kombination wird bevorzugt für Portraitfotografie genutzt und genau in diesem Bereich wird zum Teil aus kurzen Distanzen mit Offenblende fotografiert. Mit Blende 1,4 und 1,5m Distanz beträgt der kalkulierte DOF Wert (Depth of Field oder auch Schärfentiefe) gerade einmal 2,4cm. Deshalb führt bei solchen Kombinationen schon ein kleiner Fehler im Autofokus System sehr schnell zu unbefriedigenden Bildern.

Bei der Messmethode habe ich mich für das Verfahren mit dem ‹LensAlign› Target und der ‹Focus Tune› Software von Michael Tapes entschieden, da zum einen das Target den professionellsten Eindruck hinterlässt und zum zweiten die Software eine gute visuelle Beurteilung zulässt. Zudem wird diese Methode auch von Steve Perry empfohlen …

Messaufbau:

Wie bei der ersten Messreihe habe ich auch dieses mal den Vorgang mit einer Distanz von 1,5m zum Target durchgeführt. Allerdings habe ich auch noch eine zweite Messreihe mit einer für diese Brennweite empfohlenen Distanz von ~ 3,4m durchgeführt.

Als erstes gilt es nun, die Kamera genau auf das Target auszurichten. Das Target selbst wird auf einem Stativ montiert und sollte für die genaue Ausrichtung freistehend platziert werden. Die Ausrichtung selbst kann beim ‹LensAlign› Target direkt mit im Target integrierten Hilfsmitteln aus Sicht des Targets überprüft werden (deshalb freistehend). Dieser Schritt ist relativ aufwendig und sollte auch entsprechend ohne Hektik durchgeführt werden.

Als nächstes wird die Kamera gemäss Checkliste vorbereitet und alle Einstellungen überprüft. Mit einer zusätzlichen Lichtquelle wird sichergestellt, das mit vernünftigem ISO Wert und kurzer Verschlusszeit fotografiert werden kann.

Die wichtigsten Einstellungen in einer Kurzübersicht:

  • Large Fine JPG (Software unterstützt kein RAW)
  • Standard Picture Style
  • Single Point Autofocus/AF-S (not continous)
  • White Balance preset (not AWB)
  • Aperture Wide Open (lowest number)
  • IS or VR (image stabilization) Off
  • Phase Detect AF (not Live View)

Die komplette Checkliste über nachfolgenden Link: Checkliste bei Michael Tapes Design…

Die Kamera wird mit dem Funkfernauslöser ausgelöst und die Spiegelvorauslösung ist auf 2 Sekunden eingestellt. Vor jeder Auslösung wird der Schärfering leicht in die eine oder andere Richtung verdreht.

Messreihe 1 mit einer Distanz von 1,5m (Focus Tune weist 1,58m aus)

Nachdem 2 – 3 Testbilder aufgenommen und überprüft wurden, konnte der erste Durchgang gestartet werden. Bei diesem Durchgang geht es darum, zu erkennen, in welchem Bereich der einzustellende Korrekturwert in etwa liegen könnte. Deshalb wird der ‹AF-Fein Tune› Wert in 5er Schritten von -15 bis +20 eingestellt und für jeden Wert werden 5 Bilder aufgenommen.

Die Auswertung der 40 Bilder ergab einen Korrekturwert im Bereich ~ +12 wie aus nachfolgender Grafik ersichtlich ist.

Distanz 1,5m, Durchgang 1, -15 bis +15

Distanz 1,5m, Durchgang 1, -15 bis +20

Deshalb wurde die zweite Messreihe nur noch mit positiven Korrekturwerten durchgeführt. Dieses mal aber in 1er Schritten von +3 bis +15. Dieser Durchgang ergab bei der Auswertung folgende Kurve:

Distanz 1,5m, Durchgang 2, +3 bis +15

Distanz 1,5m, Durchgang 2, +3 bis +15

Das als ’schärfstes› ausgewiesene Einzelbild liegt bei +11 (grüner Punkt auf der roten Linie), weist aber wie im Screenshot ersichtlich einen leichten Back-Fokus auf. Der schärfste Durchschnitt aus 5 Bildern liegt aber bei +12 (blaue Raute auf der roten Linie). Aus den Diagrammen ist allerdings auch ersichtlich, wie sich das verdrehen des Fokusrings vor jeder Auslösung in der sog. ‹Shot Deviation› niederschlägt. So ist bei den 5 Bildern pro Wert je nach Verdrehrichtung eine Verschiebung zu Front- oder Back-Fokus ersichtlich.

Distanz 1,5m, Durchgang 2, +11 - sharpest

Distanz 1,5m, Durchgang 2, +11 – sharpest

Aus reiner Neugierde und weil der Aufwand gering ist, habe ich mit diesem Messaufbau auch noch die Kamerainterne Funktion gemäss Vorgehen, wie im ersten Bericht beschrieben, durchgeführt.

Dies ergab folgende 12 Werte:

+3 +2 +4 +7 +2 +2 0 +1 +7 +6 +3 +1

+7 und 0 gestrichen, Summe = 31 geteilt durch 10 ergibt ~ +3

Immerhin weist diese Methode auch einen positiven Wert aus!

Messreihe 2 mit einer Distanz von 3,4m (Focus Tune weist 3,35m aus)

Auch für die zweite Messreihe muss die Kamera genau auf das Target ausgerichtet werden. Da allerdings klar war, dass der Korrekturwert irgendwo im positiven Bereich liegen dürfte, habe ich den Korrekturwert bei der ersten Messreihe mit  den 5er Schritten nur von -10 bis +15 verstellt. Die Analyse dieser Bilder hat folgende Kurve ergeben.

Distanz 3,4m, Durchgang 1, -10 bis +15

Distanz 3,4m, Durchgang 1, -10 bis +15

Auch bei dieser Distanz scheint der optimale Wert irgendwo bei +12 zu liegen. Deshalb habe ich die zweite Messreihe mit 2er Schritten von +2 bis +18 durchgeführt.

Distanz 3,4m, Durchgang 2, +2 bis +18

Distanz 3,4m, Durchgang 2, +2 bis +18

Gemäss dieser Auswertung liegt das schärfste Bild bei +12 (grüner Punkt auf roter Linie) wobei aber der Durchschnitt aus 5 Bildern die beste Schärfe bei +10 (blaue Raute auf roter Linie) ergibt.

Fazit aus dieser Nachmessung

Nach diesem zweiten Versuch mit nur einer Kamera / Objektiv Kombination und nur einem Verfahren (ausgenommen kurzer Vergleich mit der Kamerainternen Funktion) ergibt sich doch ein etwas klareres Bild. So würde ich jetzt doch für diese Kombination einen Korrekturwert von z.B. +10 eintragen. Allerdings ist auch klar ersichtlich, dass diese Korrektur nicht alle Probleme im Zusammenhang mit dem Autofokus löst. Auch die aus den Diagrammen ersichtliche ‹Shot Deviation› trägt ihren Anteil zum Problem ‹Front- oder Back-Fokus› bei.

Desweiteren würde ich auch nur diese Methode weiterempfehlen, da diese einigermassen reproduzierbare Ergebnisse liefert. Im ersten Bericht haben sicher auch die unterschiedlichen Resultate aus den 3 Methoden zu Unsicherheiten und Fehlinterpretationen geführt.

So hat sich auch meine Frustration verflüchtigt und ich werde sicher weitere Kamera/Objektiv Kombinationen mit diesem Verfahren vermessen …

Alle weiteren Informationen zu ‹LensAlign› und ‹Focus Tune› über die nachfolgenden Links.

Webseite von Michel Tapes Design: michaeltapesdesign.com

Das Target kann z.B. bei ‹Augenblicke eingefangen› bestellt werden: LensAlign Target bei Augenblicke eingefangen …

Empfehlen kann ich ausserdem auch die Videodokumentation (13 Videos) von Michael Tapes zu diesem Thema:

1 Januar 2018, von Beat
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